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Unsere Meinungsidentität (im Ukraine-Krieg)
Wer die Diskussion zur Corona und jetzt zum Ukraine-Krieg verfolgt, dem ist sicherlich aufgefallen, dass es bei diesen Fragen scheinbar um „Alles oder Nichts“ geht. Es fühlt sich an wie eine Art Meinungskrieg, bei dem nur noch eindeutige Positionierungen zugelassen sind.
Viele Familien und Freundeskreise entzweien sich, weil die Schützengräben der Meinungskriege zu tief geworden sind. Wer die Fortführung von Corona-Maßnahmen fordert, wird schnell zum unmündigen Angsthasen abgestempelt und wer die NATO-Osterweiterung hinterfragt, wird sofort als Putin-Versteher markiert.
Es ist schon verrückt wie schnell mensch da in ein Kreuzfeuer gerät, falls er nicht den vorherrschenden Meinungspolen entspricht.
Eigentlich müsste es uns sehr wundern, dass wir die selbe Weltlage anschauen, aber zu fast grundlegend konträren Schlussfolgerungen kommen können. Wir könnten uns aber die Sachlagen von allen Seiten anschauen, und vielleicht würden uns dann auf beiden Seiten Ungereimtheiten auffallen.
Wir würden einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg Russlands sehen und gleichzeitig auch die Anteile der NATO daran erkennen. Wir würden auch ukrainische Nazi-Brigaden (wie z. B. das Asow-Regiment) in der Ukraine identifizieren und trotzdem erkennen, dass die von Russland propagierte „Entnazifizierung“ ein Vorwand und nicht der Grund des Krieges gegen die Ukraine ist.
Doch wer will sich mit solchen scheinbar widersprüchlichen Dingen auseinandersetzen und wie viel einfacher und schöner ist es, nur auf einer, der absolut richtigen Seite zu stehen und alle möglichen Zweifel einfach auszublenden? Fühlt es sich nicht soviel besser an, eindeutig auf der richtigen Seite zu stehen und andere ihrer Schuld zu bezichtigen? Vermutlich ja!
Wir Menschen scheinen die starke Neigung zu haben, uns gerne mit unseren Meinungen zu identifizieren und uns dadurch ein eindeutiges Weltbild zu erschaffen, das uns Sicherheit verleiht und uns vielleicht auch den Eindruck vermittelt besser oder klüger zu sein. Für diese „Identität“ sind wir gerne bereit die Wahrheit zu opfern, besonders wenn es sich um ein komplexes Gebilde mit verschiedenen Anteilen handelt. Wenn wir es uns aber zutrauen würden, uns der Wahrheit vorurteilsfrei und aufrichtig anzunähern, dann wären wir vielleicht als menschliche Gemeinschaft auch in der Lage, so zu handeln, dass die Probleme, die wir jetzt haben, erst gar nicht entstehen würden!
Wer sich dahingehend selbst prüfen möchte, könnte sich fragen: Was gibt mir meine Meinung auf der emotionalen Ebene und was würde es mit mir machen, wenn ich keine Meinung hätte, sondern die Weltlage (oder eine andere Situation) einfach nur betrachten würde?
Was sehe ich dann, was mir zuvor nicht möglich war anzusehen?
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